Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien


Seine Heiligkeit Mor Ignatius Zakka Iwas I,
Patriarch von Antiochien und dem ganzen Osten
und das Oberhaupt der Universal-Syrisch-Orthodoxen Kirche
(verfaßte als Erzsbischof vom Baghdad 1980)

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien auf einen Blick

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien ist die Kirche von Antiochien, deren Gründung bis in die Anfänge des Christentums hineinreicht, als Antiochien die Hauptstadt Syriens und eine der drei Hauptstädte des römischen Imperiums war. Das Evangelium kam erst durch einige Jünger Christi nach Antiochien, die wegen der Judenverfolgung nach dem Martyrium des Diakons Stephanus im Jahre 34 geflohen waren. Antiochien wurde von Barnabas, einem der siebzig Prediger, und vom Apostel Paulus besucht. Sie blieben beide für ein ganzes Jahr da und predigten das Evangelium. Damit folgten sie dem Beispiel des heiligen Petrus, der das Evangelium dort auch predigte und seinen apostolischen Bischofssitz etwa im Jahre 34 gründete.Nach einigen Geschichtsforschern wurde der Bereich der Altstadt von Antiochien vom Apostel Petrus selbst christianisiert. Das geschah in zwei Etappen: Zuerst traten Juden zum neuen Glauben über, aus deren Reihen die christliche Kirche gegründet wurde. Die zweite Etappe war die Christianisierung der Heiden – Aramäer, Griechen und Araber. Das fand nach der Beilegung des Streitfalles um Kornelius und nach seiner Aufnahme in die Kirche statt. Wenn wir die im Neuen Testament aufgezeichneten Ereignisse durchgehen, stellen wir fest, daß sich der heilige Petrus während seines zweiten Besuches in Antiochien im Kontakt zu den zum christlichen Glauben übergetretenen Nichtjuden zurückhielt. Er hatte Angst vor den Christen in Jerusalem, die wegen der Aufnahme des Kornelius mit ihm gekämpft hatten. Aber der heilige Paulus trat ihm öffentlich entgegen. Außerdem überredeten einige übergetretene Juden die übergetretenen Nichtjuden dazu, sich beschneiden zu lassen, so daß sie Juden werden mußten, bevor sie Christen wurden. Um dieses Problem zu lösen, wurde im Jahre 51 in Jerusalem ein Konzil einberufen. Es wurde entschieden, jenen „keine Lasten aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge: Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden.“

Diese Entscheidung wurde von Paulus und Barnabas nach Antiochien geschickt. Die Überbringer waren Judas mit dem Beinamen Barsabbas und Silas . Dieses Geschehnis vermittelt uns eine Vorstellung von der Bedeutung der syrischen Kirche von Antiochien bei der Entstehung der Christenheit. Das Buch der Apostelgeschichte bezeugt den Eifer und die Liebe, die die Mitglieder der Kirche von Antiochien für ihre Glaubensgeschwister gehabt haben. Sie sammelten Almosen und schickten sie durch Saulus und Barnabas zu den Armen von Jerusalem. In Antiochien wurden die Jünger Jesu Christi auch das erste Mal Christen genannt. Als Petrus und Paulus Antiochien wegen der Mission verließen, beriefen sie zwei Bischöfe; Aphodius, der für die ersten Heidenchristen, und Ignatius, der Erleuchtete, der für die Christen jüdischer Herkunft zuständig war. Die beiden Bischöfe waren geistlich nach dem Jahre 68 unter der Schutzherrschaft des Ignatius, des Erleuchteten, vereint. Er war es, der die Kirche von Antiochien „die katholische Kirche“ nannte, seit sie beide, die Nichtjuden und die Beschnittenen, aufgenommen hatte. Ignatius von Antiochien war der erste, der das Adjektiv „katholisch“ auf die christliche Kirche anwandte.

Die syrische Sprache in Antiochien

Die syrische Sprache wird auch aramäische Sprache genannt . Ursprünglich war sie die Sprache der Aramäer , die sich seit dem 15. Jahrhundert v. Chr. im Lande von Aram von Damaskus und Aram von Mesopotamien niedergelassen hatten. Die syrische Sprache hatte sich im Altertum weit ausgebreitet. Dies hatte zur Folge, daß die Alphabete vieler anderer orientalischer Sprachen aus dem Aramäischen entwickelt wurden.
Während der Regierungszeit von König Nabo Blassar war sie die offizielle Amtssprache Babylons, und während der Regierungszeit von Darius, dem Großen (521 – 486 v. Chr.), war sie auch die offizielle Sprache zwischen den verschiedenen Verwaltungsbezirken des persischen Reiches Sie erlangte für eine lange Epoche im Osten den Status einer internationalen Sprache . Die Juden hatten sie gelernt und sprachen sie seit der Wegführung ins babylonische Exil im fünften Jahrhundert v. Chr. als ihre gemeinsame Sprache statt der eigenen hebräischen Sprache, seit sie diese vergessen hatten. Darum benutzten Jesus Christus und seine Jünger die syrische Sprache. Danach blieb sie über eine lange Zeit bis zum Ende des siebten Jahrhunderts im Orient dominant. Als das Arabische populärer wurde, wurde sie nach und nach verdrängt. Einige wenige ihrer Dialekte werden noch im Tur Abdin, (Türkei), in den Dörfern um Mosul herum, in einigen Dörfern im Norden des Irak und in Maaloula, einem Dorf in der Nähe von Damaskus in Syrien, benutzt. Ihre Spuren sind heute offensichtlich in den Namen der verschiedenen Städte und Dörfer im Mittleren Osten und in ihren gemeinsamen Dialekten erkennbar.
Am Anfang des Christentums war Syrisch die Muttersprache der Ureinwohner von Antiochien, besonders derer, die in den Vorstädten lebten, wie auch jener im Innern Syriens . Syrisch war ebenfalls die Sprache der jüdischen Einwanderer nach Antiochien, wohingegen Griechisch die Sprache der Kolonisten und der griechischen Gesellschaft war, die die Seleukiden mitbrachten. Die Kirche von Antiochien begann, die syrische Sprache in ihren religiösen Riten zu benutzen. Sie zelebrierte ihre erste Messe in syrischer Sprache, vom heiligen Jakobus – dem Bruder unseres Herrn – Erzbischof von Jerusalem, geschrieben . Bis heute zelebrieren alle syrischen Kirchen der ganzen Welt ihre Gottesdienste und Messen in syrischer Sprache neben den lokalen und nationalen Sprachen. Viele der Kirchenväter schrieben ihre religiösen und wissenschaftlichen Bücher auf Syrisch .

Die religiöse Stellung der Kirche von Antiochien

Die syrische Kirche von Antiochien gilt als die älteste und berühmteste der christlichen Kirchen nach der von Jerusalem. Nach der Zerstörung von Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. durch den römischen Kaiser Titus hat sie an Bedeutung zugenommen. Aus ihr zogen die Jünger in die damals bekannte Welt hinaus und predigten die Lehren des Evangeliums und gründeten Kirchen, Mönchsklöster und Schulen, welche viele berühmte Gelehrte hervorbrachten, die die Welt mit ihren religiösen und wissenschaftlichen Werken bereicherten. Die Väter der syrischen Kirche von Antiochien leisteten große und denkwürdige Beiträge zum Studium der Heiligen Schrift – Altes und Neues Testament. Von ihren Übersetzungen der Heiligen Schrift in die syrische Sprache wurde die „Einfache“ (Peshitta) am bekanntesten. Sie übersetzten die Bibel auch ins Arabische, Persische und Malayalam – eine südindische Sprache . Ihre Arbeit war nicht nur auf das Übersetzen begrenzt, sie schloß auch Kommentare und Exegesen der heiligen Handschriften ein. Sie haben ein reiches Erbe wissenschaftlicher Abhandlungen hinterlassen, die als wichtige Nachschlagewerke auf diesem Gebiet gelten. Diese Kirche hat das Verdienst, das Evangelium zu verschiedenen Nationen in alle Welt gebracht zu haben, z.B. nach Arabien, Armenien, Indien, und Äthiopien. Durch diesen Dienst verlor sie Tausende von Menschen als Märtyrer .

Die Gründung des Bischofssitzes in Antiochien durch den Apostel Petrus

Zuverlässige Historiker, wie die Gelehrten Orijans (im Jahre 256), Eusebius von Cäsarea (im Jahre 340), St. Johannes Chrysostomos (im Jahre 407), Hieroymus (im Jahre 420) und Mar Sewerius Al-Antaki (im Jahre 538), haben einstimmig auf die Bemühungen des heiligen Petrus von Antiochien hingewiesen, wo er, wie später ausgeführt wird, seinen apostolischen Bischofssitz gründete. Er war der erste ihrer Bischöfe oder Patriarchen. Eusebius von Cäsarea sagt: „Im 4. Jahr nach der Himmelfahrt Jesu Christi verkündigte der heilige Petrus das Wort Gottes in Antiochien, der großen Hauptstadt, und wurde deren erster Bischof.“ Er sagte auch in seiner Kirchengeschichte: „Ignatius wurde berühmt und war auserwählt worden, der Bischof von Antiochien und der Nachfolger des heiligen Petrus zu sein.“ Im Kalender der kirchlichen Feste fixierte Hieronymus den 22. Februar als Tag der Gründung des Bischofssitzes durch den heiligen Petrus in Antiochien. Die katholische Kirche begeht dieses Fest bis heute noch am gleichen Datum . So steht fest, daß der heilige Petrus der erste Patriarch auf dem apostolischen Bischofssitz von Antiochien war. Er hatte viele berühmte Nachfolger, eingeschlossen den heiligen Ignatius. Diese Reihenfolge wurde ungebrochen bis zur Zeit des gegenwärtigen Patriarchen, dem Autoren dieser wissenschaftlichen Abhandlung, beibehalten. Er ist der 122. unter den rechtmäßigen Patriarchen.

Der ursprüngliche Standort des Bischofssitzes von Antiochien

Der ursprüngliche Standort des Bischofssitzes von Antiochien war bis zum Jahre 518 Antiochien. Wegen vieler historischer Umwälzungen und ständiger Bedrückungen, die die Kirche zu ertragen hatte, wurde er in verschiedene Mönchsklöster in Mesopotamien verlegt. Im 13. Jahrhundert wurde er in das Mönchskloster von Deir Al-Zaafran in der Nähe von Mardin in der Türkei gelegt. 1933 wurde er nach Homs und 26 Jahre später im Jahre 1959 nach Damaskus in Syrien verlegt.

Der Name des heiligen Ignatius – übernommen durch die Patriarchen von Antiochien

In den ersten Jahrhunderten behielten die Patriarchen von Antiochien ihre eigenen Namen, selbst nachdem sie als Patriarchen eingesetzt worden waren. Dennoch, als der Patriarch Yeshou im Jahre 878 den Thron bestieg, nahm er den Namen Ignatius als Ehrung des großen Märtyrers, Ignatius des Erleuchteten, an, der die Nachfolge des heiligen Petrus von Antiochien angetreten hatte. Vier andere Patriarchen folgten seinem Beispiel. Als Joseph, der Sohn von Weheb, Bischof von Mardin, im Jahre 1293 den Patriarchenstuhl bestieg, nannte er sich Ignatius V. Dieser Brauch wurde nach ihm fortgeführt und ist bis heute ungebrochen Tradition in der Syrisch-Orthodoxen Kirche, so daß der Name Ignatius dem Namen des gewählten Patriarchen vorangestellt wird.

Die Herrschaft des antiochenischen Bischofssitzes und seine Beziehung zu den anderen apostolischen Bischofssitzen

Gemäß den Kirchengesetzen, die in den ersten Jahrhunderten Gestalt annahmen, wurde der Bischof der Hauptstadt (Metropolis) Metropolit genannt, was so viel wie „der Bischof der Hauptstadt“ oder „der Sockel des Königreiches“ bedeutete. Durch verschiedene regionale und ökumenische Konzile wurden die Episkopate an die Metropolien angegliedert, und die Grenzen der großen, in der Jurisdiktion gleichberechtigten Apostolischen Stühle an Antiochien, Alexandrien und Rom orientiert. Auf dem Konzil von Konstantinopel im Jahre 381 wurde der Bischofssitz von Konstantinopel diesen dreien hinzugefügt. Alle diese vier Bischofssitze erlangten gerade wegen der politischen Bedeutung dieser vier Städte und ihrer geographischen Lage ein hohes Ansehen. In der Mitte des 5. Jahrhunderts wurden die Bischöfe dieser Städte Patriarchen genannt, was so viel wie Haupt der Väter bedeutet. Jeder Bischofssitz hat seine eigene Gerichtsbarkeit. Alle Kirchen in ihm waren der religiösen Autorität des örtlichen Sitzes (Machtbereich des Bistums und Erzbistums) unterworfen. Im Jahre 325 bestimmte das Konzil von Nizäa von jedem dieser Bischofssitze die Machtbefugnis wie folgt: „Es soll die alte Tradition in Ägypten, Libyen und den fünf Städten bewahrt werden , denn der Bischof von Alexandrien hat die Macht über alle diese Bereiche so wie der Bischof von Rom dieselbe Authorität in seinem Bereich hat. Ebenso sollte die Würde der Kirche von Antiochien und in den restlichen Bistümern bewahrt werden“ . Das Konzil von Nizäa hat diese Privilegien nicht geschaffen, sondern sie nur bestätigt.

Gemeinschaft im Glauben und Autorität der Konzile

Die vier Bischofssitze Rom, Konstantinopel, Alexandrien und Antiochien waren eins im religiösen Bekenntnis und Dogma wie auch in der geistlichen Gemeinschaft. Diese Stühle waren gleichberechtigt in Machtbefugnis und Privilegien. Es war bei den Inhabern dieser Bischofssitze üblich, nach ihrer Wahl Kopien ihrer Glaubensbekenntnisse auszutauschen, um die Rechte der Gemeinschaft zu erhalten. Die Annahme der Gemeinschaft war nicht als Einsetzung des Patriarchen in seine Aufgabe zu sehen, sondern eine notwendige Bedingung, um diese Aufgabe in der kanonischen Weise zu praktizieren . Die geschichtlichen Ereignisse zeugen davon, daß die Inhaber dieser vier großen Stühle nicht nur eine autonome Gerichtsbarkeit hatten, sondern eine autokratische , so daß niemand Machtbefugnis über die anderen hatte, und niemand konnte sich in die Angelegenheiten der anderen Bischofssitze einmischen. Wann immer ein örtliches oder inneres Problem oder ein Disput zwischen den Bischöfen einer Erzdiözese auftrat, wurde ein regionales Konzil von Bischöfen unter dem Vorsitz eines Erzbischofs einberufen, um die Angelegenheit zu lösen. Das Konzil steht über dem Bischof und ist sogar die höchste Autorität in der ganzen Erzdiözese. Wenn ein allgemeines Problem, ein gravierender Fall in bezug auf den Glauben, auftrat, wurde ein allgemeines oder ein ökumenisches Konzil einberufen, dessen Autorität über der aller Bischöfe und Erzbischöfe der vier großen Bischofssitze lag, die Patriarchen eingeschlossen. Die Beschlüsse des Konzils waren in der Allgemeinen Kirche bindend, denn die Bischöfe der ganzen Welt waren dazu eingeladen. Die Mehrzahl der eingeladenen Bischöfe waren anwesend, und keiner ist ohne einen triftigen Grund ferngeblieben – so war die Weltkirche voll repräsentiert. Als eine Konsequenz hatten alle Bischöfe die Entscheidungen des Konzils zu akzeptieren und sie in der ganzen Kirche durchzusetzen. Dieses Konzil wurde als höchstes Organ der ganzen Kirche betrachtet.Kein Bischof, auch nicht die Patriarchen der vier großen Bischofssitze, hatten die Machtbefugnis, ein größeres Glaubensproblem individuell in die Hand zu nehmen, sondern das oblag der Verantwortung der Konzile. Wenn die Meinungen sich widersprachen und die Beschlüsse in Dingen des Glaubens in den lokalen Konzilen verwirrend waren, hat das die Allgemeine Kirche verunsichert. Immer wenn ein solcher Fall im ökumenischen Konzil diskutiert wurde, in dem das Zeugnis der apostolischen Kirchen vorhanden war, fällte das Konzil sein Urteil, das dann von der Allgemeinen Kirche akzeptiert wurde, als wäre es eine göttliche Entscheidung. Konzile dieser Art wurden einberufen, die Echtheit des wahren Glaubens zu bescheinigen und die Häretiker zu verwerfen. Die Festschreibung des Glaubens im nizänischen Glaubensbekenntnis war zum Beispiel im einzelnen in den Schriften der Väter festgehalten und seit der Entstehung der Kirche anerkannt worden. Das Konzil hat das Glaubensbekenntnis sehr deutlich formuliert und verpflichtete die Gläubigen, es anzunehmen, sonst würde ihnen die Exkommunikation drohen.

Teilung zwischen den vier großen Bischofsstühlen

Im Jahre 451 wurde das Konzil von Chalcedon einberufen. Es ergab die Teilung der apostolischen Bistümer in zwei Gruppen. Die Bistümer von Rom und Konstantinopel wurden eine Gruppe, während die Bistümer von Antiochien und Alexandrien die andere bildeten. Diese beiden Bistümer blieben im Glauben bis heute vereint. Jedes von ihnen hat seine eigene Führung und absolute Unabhängigkeit, wie es zu Beginn der Christianisierung der Fall war. Die anderen zwei Bistümer, Rom und Konstantinopel, trennten sich im 11. Jahrhundert voneinander.

Gerichtsbarkeit des Bischofsstuhls von Antiochien

Der Primas des Bischofsstuhls von Antiochien hatte ein hohes Ansehen in der Kirche. Seine religiöse Machtbefugnis breitete sich vom griechischen Meer im Westen bis hin nach Persien und Indien im Osten und von der Grenze Kleinasiens im Norden bis zur Grenze von Palästina im Süden aus. Die Kirche von Antiochien war eine einzige, und an deren Spitze ein Patriarch stand . Es gab neben ihm keinen anderen in all den östlichen Ländern , und seine Gerichtsbarkeit erstreckte sich über die Länder von Damaskus, Palästina, Cilicia, Mesopotamien, Teile von Kleinasien und über ganz Persien . Seine Machtbefugnis umfaßte alle Christen dieser Region – unabhängig von ihrer Nationalität, Rasse oder Sprache. Die größeren Diözesen hatten einen Erzbischof und die kleineren hatten Bischöfe, die ihres seelsorgerischen Amtes walteten und ihm treu ergeben waren.

Maphrianate (Katholikat) des Ostens

Die Länder, die jenseits der östlichen Grenzen des römischen Imperiums lagen, waren als „der Osten“ bekannt. Sie standen in der Zeit Jesu Christi unter persischer Herrschaft. Von dort kamen die Weisen nach Bethlehem, beteten Jesus Christus an und überreichten ihm ihre Geschenke. Als sie in ihre Länder zurückkehrten, verkündeten sie die Botschaft von der Geburt Jesu. Dort gab es eine jüdische Kolonie – ein Teil davon befand sich zu Pfingsten in Jerusalem. Die Apostelgeschichte nennt einige von ihnen, nämlich Parther, Meder, Elamiter und die Bewohner von Mesopotamien . Es steht außer Zweifel, daß einige von ihnen, die an Christus glaubten, das Evangelium in ihre Länder brachten. Die Kirchengeschichte belegt schriftlich, daß Addai, einer der siebzig, von seinem Bruder, dem Apostel Thomas, in das syrische Edessa, die Hauptstadt des Königreiches der Abgariten, gesandt wurde. Er heilte ihren König, Abgar V. von der Lepra und bekehrte ihn zusammen mit allen Bewohnern der Stadt. Dann predigte Addai in Amed (Diarbakir), im Süden Arzens, im östlichen Tal des Tigris und in Bazebdi. Danach kam er nach Hidiab (Arbil) , wo er sich predigend mit seinem Freund, Mari, niederließ. Die syrischen Historiker Mor Michael der Große, Bar Hebräus und Bar Salibi, fügten hinzu, daß der Apostel Thomas diese Orte auf seinem Weg nach Indien durchquerte und seine Einwohner missionierte. Das zeigt, wie sich das Christentum seit dem ersten Jahrhundert über den ganzen Osten ausbreitete. Kirchen wurden errichtet und Bistümer gegründet. Zu Beginn des dritten Jahrhunderts wurde nach und nach eine Anzahl von Bistümern errichtet und für sie eine oberste Leitung in der kirchlichen Region der Jurisdiktion des apostolischen Bischofssitzes von Antiochien mit Sitz in Madaen gegründet. Ihr Bischof wurde Bischof des Ostens oder Katholikos genannt. Später wurde er auch als der Maphrian des Ostens bekannt.
Der Katholikos des Ostens hatte in Zusammenarbeit mit dem Patriarchen von Antiochien Generalbefugnis über die Kirchen seines Machtbereiches. Die politische Situation behinderte diese Beziehung, da sich der Sitz des Bischofs von Antiochien innerhalb des römischen Imperiums befand, während der Osten dem persischen Machtbereich unterstellt war, denn die Feindschaft zwischen des Persern und den Römern war groß .Im Jahre 431 exkommunizierte das Konzil von Ephesus Nestorius, den Patriarchen von Konstantinopel. Einige Bischöfe aus Syrien ergriffen zusammen mit der Mehrheit der Lehrer und Studenten der Schule in Edessa für ihn Partei. Von da an breiteten sich die Lehren des Nestorius im Osten, mit Ausnahme von Tikrit und Armenien, aus. Das Ergebnis war vom religiösen und dogmatischen Standpunkt aus gesehen, die Teilung der Syrer in zwei Gruppen. Die Teilung betraf auch die syrische Sprache, welche sich in ihrem phonetischen und kalligraphischen Stil – genannt der westliche und der östliche Dialekt – auseinanderzuentwicklen begann. Der westliche Dialekt wurde in der Gegend von Damaskus und der östliche Dialekt in den Gebieten von Mesopotamien, Irak und Aserbaidshan gesprochen. Der östliche Teil unterbrach seine Beziehungen zum Bischofssitz von Antiochien, ausgenommen die Orthodoxen im Irak , die – infolge großer Nöte – dem apostolischen Bischofssitz von Antiochien weiterhin treu ergeben blieben. Im Jahre 480 verleumdete Barsouma, der nestorianische Bischof von Nusaibin, die treuen Orthodoxen des Ostens bei Fairouz, dem persischen König, indem er sie anklagte, daß sie im Interesse des byzantinischen Königreiches spioniert hätten. Als Folge davon metzelte Fairouz viele von ihnen – ihr unschuldiges Blut vergießend – hin. Nach dem Tode von Barsouma besuchte Christophorus, der armenische Katholikos, den Osten und weihte Mönch Garmai zum Bischof im Mönchskloster von St. Matthäus, und gab ihm Vollmacht, wie der Katholikos des Ostens Bischöfe zu weihen. Außerdem weihte Christophorus Mönch Ahodemeh zum Bischof von Baerbye .

Im Jahre 559 besuchte Yacoub Baradaeus die Kirche im Osten und weihte Ahodemeh zum obersten Bischof (Katholikos), und er wurde als erster oberster Bischof des Ostens geweiht, nachdem die Nestorianer seinen Bischofssitz erobert hatten. Im Jahre 628 wurde die Aussöhnung zwischen den Persern und dem römischen Imperium erreicht. Patriarch Athanasius I. (595-631) sandte seinen Sekretär Rabban Youhanna (Mönch) in den Osten. Er traf mit Bischof Christophorus, Haupt des Mönchsklosters St. Matthäus, zusammen und beriet mit ihm die Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen dem Bischofssitz von Antiochien und der Kirche im Osten. Der Bischof berief eine Synode ein, die von Mönch Youhanna und vier Bischöfen aus der näheren Umgebung geleitet wurde. Sie wählten drei Mönche, Marotha, Ithalaha und Aha, und ersuchten den Patriarchen, sie zu Bischöfen zu weihen. Der Patriarch wollte den alten Brauch der östlichen Kirche bewahren, nach dem in Abwesenheit des Katholikos und in einer extremen Situation vorgesehen ist, daß drei Bischöfe gemeinsam einen neuen Bischof weihen können. Dann weihten die östlichen Bischöfe in Anwesenheit der Bischöfe des Patriarchen die erwählten Mönchsbischöfe. Der Patriarch setzte Marotha, einen der drei neuen Bischöfe, als Bischof (Katholikos) von Tikrit ein und gab ihm die Vollmacht, in seinem Namen dem Osten vorzustehen. Der oben angeführte Vorfall zeigt, daß die Kirche im Osten autonom war und daß ihr Katholikos, der vom Patriarchen eingesetzt wurde, über alle seine Bistümer Befehlsgewalt hatte. Der Katholikos weihte Bischöfe; der Patriarch weihte den Katholikos. Auch können wir in der Geschichte der Kirche sehen, daß der Patriarch von den Vätern der Kirche in Gemeinschaft mit dem Katholikos auf den Thron gesetzt wurde. Mehrmals geschah es, daß die Kirche sich spaltete, weil man diese Tradition brach.
Mar Marotha von Tikrit (im Jahre 649) war der erste, der Maphrian genannt wurde. Seitdem erfolgte die Nachfolge der Maphrianate. Es ist erwähnenswert, daß die Bistümer des Ostens an Zahl, Ansehen und Ausdehnung zunahmen, daß sie die Diözesen des Bischofssitzes von Antiochien sogar übertrafen, wie es in der Zeit von Mor Gregorios Bar Hebraeus, den Maphrian des Ostens (1264 – 1286), der Fall war. Bar Hebraeus wird geschätzt als einer der berühmtesten und gelehrtesten Maphriane des Ostens. Der Hauptsitz des Maphrianates befand sich zuerst in Tikrit und verblieb dort bis zum Jahre 1089. Anschließend wurde er an Mosul übergeben. Alsdann fiel er bis 1152 an Tikrit zurück, als es dem St. Matthäus Kloster übergeben wurde, und für einige Zeit wechselte das Maphrianat nach Barttleh in der Nähe von Mosul, um dann zu Mosul selbst zu gehören. In der Vergangenheit war es Brauch, daß der Maphrian seinen bischöflichen Namen führte – selbst nach seiner Einsetzung. Aber seit dem 16. Jahrhundert wurde entschieden, daß er zu seinem ursprünglichen Namen den Namen Basselios hinzufügte. Im Jahre 1860 nach dem Tode des Maphrian Mor Basselios Bahnam IV. von Mosul wurde das Maphrianat aufgrund einer Entscheidung der Synode abgeschafft.

Die Wiedereinsetzung des Amtssitzes des Maphrianates

Am 21. Mai 1964 wurde der Amtssitz des Maphrianates gemäß einer Resolution der Synode, die in Kottayam, Südindien, gehalten wurde, wiedereingesetzt. Sie wurde geleitet von S H. Mor Ignatius Yacoub III., dem Patriarchen von Antiochien und dem gesamten Osten und allen Bischöfen der syrischen Kirche Indiens und drei Bischöfen des Mittleren Ostens, die seine Heiligkeit auf seinem apostolischen Besuch begleitet hatten. Der Autor dieses Buches war einer dieser drei Bischöfe. Es wurde entschieden, daß der Hauptsitz des Maphrian in Indien sein sollte, und daß die Jurisdiktion des Maphrianates nur auf Indien und die Region östlich davon zu begrenzen ist. Seit 1964 wird der Maphrian durch die heilige Synode der syrischen Kirche Indiens gewählt und durch S. H., den Patriarchen von Antiochien und den gesamten Osten eingesetzt. Er repräsentiert die Syrisch-Orthodoxe Kirche in Indien und beteiligt sich an der Universalsynode der Kirche bei der Wahl des Patriarchen und seiner Einweihung. Der gegenwärtige Maphrian ist S. E. Mor Basselios Paulos II.

Kirchenspaltung in der Kirche von Antiochien

Die Kirche von Antiochien (Syrische Kirche) erlitt in ihrer Geschichte schmerzliche Vorfälle, welche ihre Anhänger zu unterschiedlichen Zeiten in verschiedene Gruppen teilte und sie schwächte. Es ist unbedingt notwendig, in dieser Kürze die ganzen Vorfälle der Ereignisse zu erwähnen. Von dem Jahre 330 bis zum Jahre 360 haben sechs Anhänger von Arius(Arianer) den Bischofsstuhl an sich gerissen. Danach stand ihm der Heilige Malatius im Jahre 381 vor. Es folgte Flabianus I. Während der Herrschaft der beiden hat eine orthodoxe Bischofsgruppe den Bischof Bolinos, danach Ogrijos (362-394) jeweils als Oberhaupt eingesetzt. In der Zeit, in der Malatios ins Exil geschickt wurde, wurden zwei arianische Eindringlinge und das Haupt der Appolianer als Oberhaupt eingesetzt . Diese Trennung währte bis zum Jahre 412, als Mor Alexandros den Stuhl bestieg und die Reihen der Orthodoxen einigte. Aber diese Vorfälle zerrissen den Leib der syrischen Kirche und teilten ihr Volk in mehrere Kirchen wie folgt: Im Jahre 431 verwarf das Konzil von Ephesus die Lehre von Nestorius, des Patriarchen von Konstantinopel, der behauptete, daß Jesus aus zwei getrennten Personen und Naturen bestand. Patriarch Youhanna von Antiochien unterstützte ihn. Ihm schloß sich sein Neffe, Domnos, an. Das Konzil von Ephesus im Jahre 449 hat ihn jedoch abgesetzt und an seiner Statt Maximus eingesetzt.. Die Lehren von Nestorius wurden von einigen Syrern im persischen Reich, in einigen Teilen Syriens, in Palästina und Zypern angenommen. Sie schufen im Jahre 498 eine Kirche und brachen mit dem Stuhl von Antiochien. Sie wählten sich selbst einen Führer, der sich Katholikos nannte. Ihr erster Katholikos war Babai, der seinen Hauptsitz in Seleucia in der Nähe von Madaen im Irak hatte. Er wurde später im Jahre 762 an Bagdad abgetreten. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts wechselte er nach Al-Kosh und im Jahre 1561 nach Ermia .
Im Ergebnis des Konzils von Chalcedon im Jahre 451 wurden die vier großen Bischofssitze in zwei Gruppen gespalten, und Verwirrung herrschte in der Kirchenordnung. Ungesetzliches Eingreifen trat in den verschiedenen Bistümern auf und im Trüben zu fischen wurde als großer Gewinn empfunden. Es gelang dem römischen Bischofssitz einen nestorianischen Bischof, genannt Timotheus, Bischof von Zypern, zu gewinnen. Im Jahre 1445 schloß sich der Bischof mit einem Teil seiner Kirche an die katholische Kirche an. Es muß daran erinnert werden, daß diese Gruppe einen Teil der syrischen Kirche umfaßte, der schon die nestorianischen Ideen angenommen hatte. Papst Ojanius IV. verkündete: „Es ist von nun an nicht erlaubt, diese Syrer, die sich vom Nestorianismus abgewendet haben, als Häretiker zu bezeichnen, und sie sollen ab heute Chaldäer heißen.“ Fünf Jahre später, im Jahre 1450, kehrten sie in ihre nestorianische Kirche zurück. Aufgrund der heftigen Kontroverse, die in ihrer Kirche wegen der Beschlußfassung der Synode entstand, daß kein anderer Patriarch eingesetzt werden darf von außerhalb des Stammes des Patriarchen Shemoun, wurde eine Synode in Mosul einberufen, mit dem Ergebnis, daß eine große Anzahl Shemoun verließ und sich im Jahre 1553 dem römischen Bischofssitz anschloß. Folglich weihte Papst Julius III. für sie den Patriarchen Yuhanna Sulaka. Diese Trennung währte nicht lange, denn der Patriarch Yuhanna Sulaka wurde im Jahre 1555 ermordet, und die Beziehungen zum römischen Bischofssitz wurden unterbrochen.Bis 1827 gab es zwei Patriarchen für die Chaldäer, einer von ihnen wurde Patriarch von Amed, und der andere Patriarch von Babylon genannt. In selben Jahr wurde die Unterscheidung zwischen den beiden Patriarchen von Amed und Babylon durch Papst Leo XII. abgeschafft. Von 1830 an – das ist die Zeit des Patriarchen Youhanna Hermezd – gab es nur einen Patriarchen, der Patriarch von Babylon genannt wurde. Youhanna Hermezd war der erste Patriarch der vereinigten Patriarchate von Babylon. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Patriarch Yousef Odo58, der dafür bekannt war, die orientalische Kirche in ihrer alten Tradition zu lieben, als Patriarch von Babylon eingesetzt.

Kehren wir zum Bischofssitz von Antiochien zurück. Wir werden sehen, daß er seit der Zeit von Maximos (im Jahre 449 – 512) widerrechtlich in die Gewalt von Patriarchen geriet, die der Fassung des Konzils von Chalcedon gefolgt waren, oder die von einer Seite auf die andere schwenkten. Während dieser kritischen Periode wurde der berühmte Patriarch, Peter II., der bekannt ist als Al-Kassar, in den heiligen Bischofssitz von Antiochien eingesetzt. Im Jahre 512 wurde Mor Sewerios auf den Thron als Patriarch von Antiochien – als Nachfolger von Philibianos – gesetzt, der wegen seines Schwankens im Glauben abgesetzt wurde. Mor Sewerios herrschte auf dem heiligen Bischofssitz in Frieden bis 518. Als der orthodoxe Kaiser, Anastas, starb, folgte ihm Justinos I., der ein Vertreter des Konzils von Chalcedon war. Er sandte Mor Sewerios und die meisten der orthodoxen Bischöfe nach Ägypten ins Exil, wo er im Jahre 538 verstarb. Mor Serjis folgte Mor Sewerios auf dem heiligen Thron von Antiochien. Die ganze Zeit hindurch bis auf den heutigen Tag hat das syrisch-antiochenische Patriarchat die apostolische Sukzession auf diesem Stuhl bewahrt.

Die Anhänger des Konzils von Chalcedon ergriffen die günstige Gelegenheit, während des Exils von Mor Sewerios aus ihrer Mitte heraus selber Patriarchen mit dem Titel „Patriarch von Antiochien“ einzusetzen. Der berühmteste von diesen Patriarchen war Ephrem von Amed. Seit dem Jahre 518 kamen mehrere byzantinische Patriarchen nacheinander. Die meisten dieser byzantinischen Patriarchen waren Syrer, und andere kamen aus griechischen Kolonien. Diese Patriarchen und ihre Nachfolger wurden „Melkiten“ genannt, was soviel wie „Nachfolger des Königs“ bedeutet. Sie wurden so genannt, seit sie der Lehre des Konzils von Chalcedon folgten, welche durch den damaligen König angenommen wurde. Sie wendeten die syrischen Riten bis in das 10. und 11. Jahrhundert an, bis sie zu den griechischen Riten überwechselten. Aber wegen ihrer Unkenntnis der griechischen Sprache wendeten sie die syrische Übersetzung der griechischen Riten an. In späteren Jahrhunderten, nachdem sie die griechische Sprache gelernt hatten, begannen sie die griechischen Riten sowohl in der der griechischen als auch in der arabischen Sprachen zu verwenden. Sie sammelten die syrischen Handschriften in der Bibliothek des St. Maria Mönchsklosters (ein syrisches Mönchskloster, das die Griechen später in Besitz nahmen) in dem Dorf Saidnaya in der Nähe von Damaskus und verbrannten sie alle .

Zu Beginn des 7. Jahrhunderts entstand eine Kontroverse unter den Anhängern des Konzils von Chalcedon innerhalb der Gerichtsbarkeit des Bischofssitzes von Antiochien wegen des Auftretens eines neuen Dogmas von den zwei Willen in Jesus Christus. Die Folge davon war, daß sich die maronitischen Mönche im Libanon trennten und einen Patriarchen einsetzten. Im 12. Jahrhundert vereinten sie sich mit dem römischen Bischofssitz und begannen ihr Patriarchat „Das Patriarchat von Antiochien“ zu nennen . Ferner gab es da neue Gründungen von Patriarchaten von Antiochien – abgespalten von dem Ursprungspatriarchat Antiochiens. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts verließ eine Gruppe in Aleppo in Syrien unter dem Einfluß einiger Kappuziner Mönche und mit der Unterstützung des französischen Konsuls den heiligen Bischofssitz von Antiochien. Sie traten 1657 an einen maronitischen Bischof heran, der für sie einen armenischen Priester, Andreos Akhijian, weihte Dieser stammte eigentlich aus Mardin in der Türkei. Er war Bischof, und sie nannten ihn Patriarch.

Das syrisch-katholische Patriarchat begann mit ihm. Sie nannten ihren Patriarch „Patriarch von Antiochien“. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts fand unter den Griechisch-Orthodoxen eine Spaltung statt. Sie begannen ihre Patriarchate preiszugeben, um sich dem römischen Bischofssitz anzuschließen. Sie gründeten für sich selbst ein getrenntes Patriarchat, welches sie „Patriarchat von Antiochien“ nannten. Sie sind als griechische Katholiken bekannt.

Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts schloß sich eine Gruppe von Syrisch-Orthodoxen im Irak dem römischen Bischofssitz an. Dies geschah durch die Raffinesse eines französischen Konsuls, der dem osmanischen Herrscher empfahl, dem syrischen Volk hohe Steuern aufzuerlegen. Auf der anderen Seite ermunterte er die dominikanischen Missionare, die sich bereits im Irak befanden, die einfachen Leute zu überreden, daß sie die Franzosen um Hilfe zu bäten, um die Bürden der hohen Steuern loszuwerden. Als Bedingung sollten sie sich dann dem römischen Stuhl unterwerfen. Dies zeigt, wie der Katholizismus sich im Irak ausbreitete. Die erste Gruppe, die es wahrmachte, waren die Einwohner von Karakoush im Jahre 1761. Später in der Mitte des 19. Jahrhunderts folgten ihnen andere Gruppen von Bartelleh und Mosul .

Mor Yacoub Baradaeus

Auf diese Weise widerstand die Syrisch-Orthodoxe Kirche den schweren Gewaltanwendungen der byzantinischen Verfolgung und behielt den apostolischen Glauben bei, der durch die drei ökumenischen Konzile bekräftigt wird. Der heilige Bischofssitz von Antiochien blieb in Gemeinschaft mit dem Bischofsstuhl von Alexandrien verbunden – die Armenisch-Orthodoxe Kirche und die Anhänger der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Indien sowie die Äthiopische Kirche sind bis heute in einem Glauben und einem Dogma vereint. Im 8. Jahrhundert bezeichneten die Byzantiner in ihrem 7. Konzil die Syrisch-Orthodoxe Kirche als die „Jakobitische Kirche“ in Anlehnung an Mor Yacoub Baradaeus. Ihre Absicht war, durch diese Bezeichnung die ehrwürdige und ursprüngliche Kirche, die syrisch, also christlich-orthodox ist, herabzuwürdigen. Obwohl Mor Yacoub tatsächlich einer ihrer berühmtesten und großen Väter ist, ist er aber nicht ihr Gründer. Weil die Syrisch-Orthodoxe Kirche nicht durch ihn gegründet wurde, und weil er nicht eine neue Lehre in ihrem apostolischen Glauben einführte, erkennen wir den Titel „Jacobitisch“ nicht an . Außerdem müssen wir erwähnen, daß die Syrisch-Orthodoxe Kirche die Bezeichnung „Monophysitisch“, von Eutyche, ablehnt. Diese Lehre von Eutyche beinhaltet, daß die menschliche Natur in Jesus Christus in die göttliche Natur verwandelt wurde und sich mit ihr vermischt und ihre Eigenschaften auflöst. Eutyches und seine Lehren wurden von der Syrisch-Orthodoxen Kirche verworfen, die den Lehren des St. Cyrilles von Alexandrien folgt, daß Jesus Christus vollkommen ist in seiner Gottheit und vollkommen ist in seinem Menschsein, und er hat eine Natur – vereint aus zwei Naturen – ohne jegliche Vermischung, Vermengung und Verwechslung .Ein Ergebnis der Unterdrückung der Führer der Syrisch-Orthodoxen Kirche durch die byzantinischen Eroberer war, daß viele heilige Väter gemartert wurden, etliche wurden verbannt, verschiedene andere verfolgt und der Rest wurde zerstreut. Schließlich überlebten in der Syrischen Kirche im Jahre 544 nur noch drei Bischöfe das Chaos und die Unterdrückungen. In dieser kritischen Periode erweckte Gott der Kirche einen unermüdlichen Mann, genannt Yacoub Baradaeus. Er ging nach Konstantinopel und wurde ehrerbietig von der Königin Theodora, der Tochter eines syrischen Priesters von Manbej in Syrien und Frau des Eroberers Justinian, empfangen. Sie half den verbannten Bischöfen und unterstützte sie in ihrer Bedrängnis. Durch ihren Einfluß wurde Mor Yacoub im Jahre 544 durch Mor Theodosius, Patriarch von Alexandria, der damals im Exil in Konstantinopel war, zum Generalbischof geweiht. Mor Theodosius wurde von drei Bischöfen unterstützt, die auch in Gefangenschaft waren. Nach seiner Weihung reiste er durch die Lande, um die Kirchen aufzusuchen und die Gläubigen in ihrem Glauben zu festigen. Am 30. Juli im Jahre 578 wurde er von seinem Herrn abberufen. An diesem Tag gedenkt die Syrisch-Orthodoxe Kirche seiner .

Die Syrisch-Orhtodoxe Kirche heute

Die Zahl der Anhänger der Syrisch-Orthodoxen Kirche beträgt ungefähr zwei Millionen. Die Mehrheit von ihnen lebt in Indien, und der Rest ist hauptsächlich in Syrien, Libanon, Irak, Jordanien, Türkei, Ägypten, Europa, Nord- und Südamerika und Australien verstreut. Ihr gegenwärtiges Oberhaupt ist Mor Ignatius Zakka I. Iwas, Patriarch von Antiochien und dem ganzen Osten, der 122. Nachfolger von St. Petrus in gesetzmäßiger Nachfolge der Patriarchen von Antiochien. Das Oberhaupt gilt als ein gemeinsamer Vater aller Syrisch-Orthodoxen Kirchenglieder, wo immer sie sind. Ihm unterstehen der Katholikos, die Bischöfe, Mönche, Diakone und die Laien aller Ränge in der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Der Name des Patriarchen ist vor dem des Katholikos von Indien und der Bischöfe in ihren jeweiligen Diözesen während der eucharistischen Feier, am Ende der täglichen Gebete, an religiösen Feierlichkeiten wie Ordination, Weihungen etc., zu nennen. Sein Titel ist: „Seine Heiligkeit Mor Ignatius, Patriarch von Antiochien und dem ganzen Osten und das Oberhaupt der Universal-Syrisch-Orthodoxen Kirche“. Sein religiöses Vorrecht schließt die Einsetzung des Katholikos, die Weihung der rechtmäßig gewählten Bischöfe und die Weihung des Chrisamöles ein, vorausgesetzt, daß mindestens zwei Bischöfe mit ihm bei der Zeremonie anwesend sind. Er hat also die Macht, Generalsynoden und andere Synoden, deren Vorsitzender er ist, einzuberufen. Er kann nicht abgesetzt werden, es sei denn, er weicht vom christlichen Glauben ab, oder folgt einer häretischen Glaubensrichtung, die im Widerspruch zu den drei ökumenischen Konzilen (Nicäa, Konstantinopel und Ephesus) und zu den Lehren der heiligen Väter steht, oder wenn er vom kanonischen Recht abweicht, oder wenn er an geistiger Verwirrung, die unheilbar ist, leidet, oder sich eines schweren Fehlverhaltens schuldig macht.Der Patriarch steht in der Verantwortung der heiligen Synode, bestehend aus all den Bischöfen des apostolischen Bischofssitzes von Antiochien, die als die oberste Autorität in der Kirche anzusehen ist. Die Synode ist ausgestattet mit der Macht, die Patriarchen zu wählen und einzusetzen, die Wahl der Bischöfe zu genehmigen und sie im Falle einer Abweichung von der Lehre und dem kanonischen Recht zu prüfen sowie ihre Versetzung von einem in einen anderen Bischofssitz, ihren Rücktritt oder ihre Amtsenthebung anzunehmen oder abzulehnen, wenn notwendig. Die Synode hat außerdem die Macht, über die Schaffung einer neuen Diözese oder die Abschaffung einer schon existierenden zu entscheiden. Die Versammlung der Synode ist legal, wenn an ihr mindestens 2/3 ihrer Mitglieder teilnehmen. SynodaleEntscheidungen – getroffen durch die Mehrheit – werden wirksam durch ihre Genehmigung vom Patriarchen .

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche besteht heute aus 27 Diözesen, davon sind 10 in Indien, und der Rest ist über verschiedene Teile der Erde verteilt. Jede Diözese hat einen Bischof, der ihre geistlichen Belange wie das Ordinieren ihrer Priester, Mönche und Diakone leitet. Er weiht die Altäre, Kirchen und das heilige Öl für die Taufe, und er führt die Verwaltung zu ihrem Wohl durch. Jede Diözese hat einen Kirchen- und einen Laienvorstand, um dem Bischof bei seiner Amtsausübung zu helfen. All diese Diözesen erhalten den orthodoxen Glauben der Kirche aufrecht und bewahren ihre alten apostolischen Traditionen. Die kirchlichen Riten werden in Syrisch und in lokalen Sprachen abgehalten. In der Vergangenheit hatte die Kirche hunderte von Mönchsklöstern, von denen einige noch existieren.
Die berühmtesten sind im Mittleren Osten:
1. das St. Matthäus Mönchskloster in der Nähe von Mosul im Irak.
2. das St. Gabriel Mönchskloster in Tur Abdin in der Türkei; (beides Klöster aus dem 4. Jahrhundert)
3. St. Hananya Mönchskloster, bekannt als Deir Al-Zaafan in der Nähe von Mardin in der Türkei, gegründet im 8. Jahrhundert. (In St. Gabriel und St. Hananya gibt es theologische Elementarschulen).
4. Dem St. Markus Mönchskloster in Jerusalem gebührt eine Sonderstellung. Dort befindet sich der Raum, in dem Jesus mit seinen Jüngern das Heilige Abendmahl einsetzte. Die Historizität hierüber ist durch die Aufzeichnung, die unter dem Putz der Kirche des Mönchsklosters 1940 entdeckt wurde, bestätigt worden. Die Inschrift aus dem 6. Jahrhundert ist in Syrisch und lautet: „Dies ist das Haus von Maria, der Mutter des Johannes, genannt Markus.“

Die Kirche hat zwei theologische Seminare, eines in den Bergen des Libanon (Atschane) und das andere in Indien, wo Geistliche ausgebildet werden. Die Syrisch-Orthodoxe Kirche entwickelt sich weiter, und sie wächst sichtbar. In der Meinung eines griechischen Historikers: „Die Syrer sind aktiv, fleißige Arbeiter und wirtschaftlich. Das ist es auch, warum man unter ihnen kaum einen Bettler finden kann. Trotz all der großen Krisen, die sie durchlaufen haben, erhielten sie ihren Lebensstandard durch ihren Fleiß und wegen des Fernhaltens vom verschwenderischen und ausschweifenden Leben der Ausländer.“ . Ein anderer Forscher der Episkopalkirche sagte im letzten Jahrhundert das Folgende über die Syrisch-Orthodoxe Kirche: „Es obliegt der Fügung Gottes, daß dieses Volk dennoch neue Wurzeln schlagen konnte und Frucht hervorbrachte, denn es machte sich frei von der fremden, dogmatischen Lehre und von der Übermacht der Ausländer und von der Tyrannei und harten Verfolgung, die es lange Zeit ertragen hat. In der gegenwärtigen Zeit ist es mit all seinen Schwächen ein Repräsentant der alten Kirchen, die in einer vergangenen Epoche sowohl im Osten als auch im Süden des Landes existierten.“

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche ist Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen, dem sie im Jahre 1960 durch den Einsatz des letzten Patriarchen, Mor Ignatius Yacoub III., – Ehre seinem Andenken – beigetreten ist. Sie ist heute durch den Erzbischof Mor Gregorius Youhanna Ibrahim von Aleppo in seinem Zentralkomitee vertreten. Sie ist auch Mitglied in der Ratsversammlung der lokalen Kirchen, arbeitet mit anderen christlichen Kirchen zusammen und nimmt an den ökumenischen und theologischen Dialogen auf offiziellen und inoffiziellen Ebenen teil.

Zum Abschluß

Dies ist ein objektives Bild – vielleicht unvollkommen -, das ich von der antiochienschen Kirche gezeichnet habe. Die ursprüngliche Kirche des Ostens, die gemeinhin als die Syrisch-Orthodoxe Kirche bekannt ist, ist ihrer Identität nach vollkommen in Glaube, Dogma, Liturgie, Dienst und Verbreitung des Evangeliums bis an die äußerste Grenze des Ostens. Diese Kirche wurde durch die Ereignisse der Geschichte stark in Mitleidenschaft gezogen, und ihr Leib wurde durch Schismen zerrissen. Ich bin hoffnungsvoll, daß wir zu den Ursprüngen ihrer Geschichte zurückkehren, um ausführlich die Gründe ihres Zerfalls zu studieren, nämlich die Zersplitterung ihrer Glieder, wodurch sie unterschiedliche Namen erhielt und unterschiedliche Glaubensrichtungen einschlug. Durch Gebet und Dialog werden ihre verstreuten Teile wieder zusammengebracht und ihre Wunden geheilt. Gemeinschaft im Glauben wird unter ihren unterschiedlichen Gliedkirchen wieder hergestellt, und Exkommunikationen und Bannflüche werden beseitigt. Dann wird Gnade im Überfluß vorhanden sein und zu der Einheit führen, wie sie bei den ersten Christen entsprechend dem Geiste des Evangeliums vorhanden war, in Entsprechung zu der Bitte Jesu: „Sie sollen alle eins sein.“ (Joh. 17, 21)